Stress macht krank – und keiner sieht’s im MRT
Wie chronischer Stress Körper, Hormonachse und Zellgesundheit beeinflusst
Täglich erleben wir Stress: Termine, Reizüberflutung, Schlafmangel, permanente Erreichbarkeit. Kurzfristig ist das kein Problem – unser Körper ist für Stress gemacht.
Aber:Dauerstress verändert unseren Körper – langsam, schleichend, tiefgreifend.
Das Tückische: Im MRT oder Ultraschall ist davon nichts zu sehen. Doch auf zellulärer Ebene entsteht Schaden – oft unbemerkt.
2. Was passiert bei Stress im Körper?
Hypothalamus-Hypophysen-Nebennieren-Achse (HPA-Achse)
• Der Hypothalamus aktiviert bei Stress die Hypophyse
• Diese stimuliert die Nebennieren → Cortisol wird ausgeschüttet
• Cortisol steigert kurzfristig Leistung, Fokus, Energie
Chronischer Stress kippt die Balance
• Dauerhaft hohe Cortisolspiegel erschöpfen das System
• Die HPA-Achse reguliert sich herunter, Cortisol sinkt
• Folge: Energielosigkeit, Schlafprobleme, Infektanfälligkeit
3. Unsichtbar – aber messbar: Was Stress im Körper anrichtet
Zellschäden
• Chronischer Stress fördert oxidativen Stress
• Es entstehen freie Radikale → Schäden an Mitochondrien & Zellmembranen
• Folge: Energiemangel, Entzündung, schnellere Alterung
Hormonverschiebung
• Cortisol stört den Biorhythmus von Melatonin, Insulin und Schilddrüsenhormonen
• Symptome: Schlaflosigkeit, Gewichtszunahme, Haarausfall, Zyklusstörungen
Gehirn & Psyche
• Hippocampus (Gedächtniszentrum) verkleinert sich bei Dauerstress
• Konzentration, Stimmung, kognitive Leistung nehmen ab
• Langfristig erhöhtes Risiko für Depression & Burnout
4. Und das MRT? Zeigt… nichts.
Strukturell ist oft alles okay. Keine Entzündung, keine Läsion.
Aber:
• Cortisolspiegel sind verändert
• HRV (Herzratenvariabilität) ist gestört
• Mitochondriale Aktivität ist reduziert
• Laborwerte (z. B. Homocystein, hsCRP) zeigen subtile Entgleisungen
Das ist funktionelle Medizin: Der Schaden beginnt auf der Regulations- und Stoffwechselebene – lange bevor Gewebe krank aussieht.
5. Stress erkennen – Stress behandeln
Diagnostik
• Speicheltest: Cortisol-Tagesprofil (z. B. 4 Messpunkte)
• HRV-Messung: VNS-Stress-Analyse
• Laborwerte: Cortisol, DHEA, Homocystein, B-Vitamine, Entzündungsmarker
• Mitochondrientest: z. B. intrazelluläre ATP-Messung
Therapiemöglichkeiten
• Adaptogene: Ashwagandha, Rhodiola, Ginseng (nach individueller Analyse)
• Bewegung: moderates Ausdauertraining steigert HRV
• Schlafoptimierung: Blaulichtfilter, Rhythmus, Magnesium
• Psychologische Verfahren: Achtsamkeit, EMDR, Gesprächstherapie
• Infusionen: B-Vitamine, Magnesium, ggf. antioxidativer Support (Alpha-Liponsäure etc.)
• Mitochondrien-Support: Q10, NADH, Acetyl-L-Carnitin (nach Labordiagnostik)
6. Fazit
Chronischer Stress ist messbar – aber nicht sichtbar.
Er zerstört Energieproduktion, Hormonbalance und Zellstrukturen, ohne dass klassische Bildgebung etwas zeigt.
Wer ständig erschöpft, reizbar oder schlaflos ist, braucht keine Psychodiagnose – sondern eine funktionelle Betrachtung.
Quellen (Auswahl)
1. McEwen BS. Protective and damaging effects of stress mediators. N Engl J Med. 1998
2. Tsigos C, Chrousos GP. Hypothalamic–pituitary–adrenal axis. Endocrinol Metab Clin North Am. 2004
3. Sapolsky RM. Why zebras don’t get ulcers. Holt Paperbacks. 2004
4. Kim YK et al. The role of stress and HPA axis in psychiatric disorders. Int J Mol Sci. 2020
5. Fava GA et al. The concept of allostatic overload. Psychother Psychosom. 2019
6. Panossian A et al. Adaptogens in stress-induced fatigue. Curr Clin Pharmacol. 2009
7. Lucassen PJ et al. Stress, depression and hippocampal apoptosis. CNS Neurol Disord Drug Targets. 2014